Die Bezahlkarte schränkt die Rechte von geflüchteten Kindern ein
Die Ministerkonferenz hat am 20.06.2024 die Einführung einer Bezahlkarte beschlossen. Als sächsischer Kinderschutzbund sehen wir in der praktischen Umsetzung die existenziellen Grundrechte von Kindern und Jugendlichen verletzt.
“Sorry, mein Kind, diese Woche kein Eis mehr, unser Bargeld ist alle!” Wer würde seinem Kind so etwas sagen wollen? Ob beim Schwimmbadbesuch, beim Einkauf in der Schulbäckerei, das Eis um die Ecke oder der diskrete Einkauf von Hygienematerial: Als sächsische Interessenvertretung von Kindern und Jugendlichen in Sachsen sehen wir, dass die Einführung der Bezahl-karte in Sachsens Kommunen maßgeblich Kinderrechte einschränken wird.
„Ein Bargeldabhebebetrag für erwachsene Personen von 50 Euro pro Monat und ein mutmaßlicher Betrag für jedes Kind von 10 Euro pro Monat spiegelt weder die lebensnahe Alltagspraxis dieser Familien noch den realen Bedarf wider“, erklärt Silke Brewig-Lange, Vorstandsvorsitzende des Kinderschutzbundes Landesverband Sachsen. „Zumal die auf der Ministerkonferenz proklamierte Aussage, dass es nahezu flächendeckend verbreitete Möglichkeiten bar-geldlosen Bezahlens für alle Waren zur Bedarfsdeckung gibt, jeglicher Lebensrealität entbehrt, insbesondere im ländlichen Raum“, führt sie weiter aus.
Die Folgen davon sind, dass Eltern auf viele Alltagsgegenstände für ihre Kinder verzichten oder einen Sonderantrag auf Sachkosten beim Sozialamt stellen müssen. Aus unserer Sicht droht eine verfassungswidrige Unterdeckung des Existenzminimums, da durch den Ausschluss von günstigen Einkaufsmöglichkeiten die Betroffenen effektiv ärmer werden. „Durch eine restriktive Umsetzung der Bezahlkarte steigt das Risiko, dass Eltern staatlicherseits in die Situation gebracht werden, ihren elterlichen Pflichten nach Art. 6 des Grundgesetzes nicht nachkommen können,“ so Brewig-Lange. „Diese strukturell herbeigeführte Kindeswohlgefährdung müssen wir scharf kritisieren.“
Die staatliche Gemeinschaft soll es Eltern geflüchteter Kinder ermöglichen, ihren Rechten und Pflichten nach Art. 6 Grundgesetz und nach der UN-Kinderrechtskonvention nachzukommen. Kinder haben Anspruch auf die ihnen zustehende Leistungen, unabhängig von ihren Eltern. Daher fordern wir als Sächsischer Kinderschutzbund:
- das Land Sachsen auf, den kreisfreien Städten und Kommunen die Einführung eine Bezahlkarte freizustellen oder eine diskriminierungs- und restriktionsarme Bezahlkarte einzuführen, um Kindern das Recht auf Teilhabe zu ermöglichen.
- die Bezahlkartenregelungen dahingehend existenzsichernd anzupassen, wonach Kindern und Jugendlichen in vertretbarem Umfang eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft möglich ist. Dies schließt die erforderlichen Hilfen für den Schul-besuch ein.
- dass nicht über die Bezahlkarte regelbare Bedarfe für Kinder und Jugendliche über ein Konto und/oder mit Bargeld gesichert werden – eben als echte Geldleistung. Im Grundleistungsbezug gilt für Kinder gilt altersabhängig ein frei zu Verfügung gestellter Bargeldabhebebetrag von 132-139 Euro.
Noch einmal in aller Deutlichkeit: Geflüchtete Kinder und Jugendliche sind kein „Gepäck“, welches geflüchtete Erziehende mit sich herumschleppen, sondern sind Träger eigener Rechte. Wir fordern die sächsischen Entscheidungsträger_innen in Politik und Verwaltung auf, die UN-Kinderrechtskonvention umzusetzen und Kinder nicht zum Spielball von politischen Wahlinteressen und Willkür zu machen.
Die Pressemitteilung als PDF finden Sie hier im Downloadbereich.
Kontakt über:
Der Kinderschutzbund Landesverband Sachsen e.V.
Silke Brewig-Lange, Vorstandsvorsitzende, mobil: +49 160 4138230
Olaf Boye, Geschäftsführer, Tel.: + 49 351 4242095, +49 176 47026233
www.kinderschutzbund-sachsen.de; info@kinderschutzbund-sachsen.de